Toggenburg, Section S. A. C. Das sind Mannen, diese Toggenburger Alpenklübler! Die weihen das neue Jahr durch Thaten ein, die ihnen nicht jeder nachmacht und die wirklich noch nie dagewesen, Thaten, durch welche sie ganze Landestheile in Aufregung bringen.
Den 3. Januar hörten Mittags die Bewohner des Bergdorfes Amden (hoch ob dem Wallensee) plötzlich gewaltiges Glockengeschell und Pferdegewieher, Kettengerassel und Halloh aus den Alpen her. Ist’s Wodan auf seinem Ritt durch die Lüfte? Ist es der Friesen wüthend Heer? Was soll der grelle Pfiff, der immer lauter herniederdringt aus den heitern Höhen, was deuten die flatternden Fahnen? Alles schaut fragend nach dem Gebirgskamm. Da rauscht es heran, umhüllt von dichten Schneestaubwirbeln und siehe? Es sind 33 Toggenburger Alpenclubisten, jauchzend und musizirend, auf den Hüten das grüne Fichtenreis; auf 12 Schlitten, mit kräftigen Gäulen bespannt, zogen sie über den hohen Gebirgskamm zwischen dem Obertoggenburg und Amden, wo noch nie ein Schlitten gefahren, ja kaum je ein Saumthier gegangen. Morgens vor Tagesanbruch waren sie in Nesslau aufgebrochen und hatten während des Vormittags nicht ohne Anstrengung bei dem tiefen Schnee den Berg erklettert und überschritten; jetzt fahren sie nach Weesen zum Mittagessen. Ross und Mann sind munter; dem 72jährigen Musikus und den Harlekins im Gewande bourbakkischer Moblots ist der Humor auf der gewaltigen Gebirgstour nicht eingefroren. Aber wie wollen sie den Weg durch die Felswände ob dem Walensee nach Weesen machen?
Auch diese Strecke wird glücklich zurückgelegt; denn der nervige Arm eines Obertoggenburgers hält das ermüdetste Pferd vor dem Sturz in die Tiefe.
In Weesen die gleiche Aufregung bei der fremdartigen Erscheinung. Man wills nicht glauben und doch sieht man’s vor Augen!
Und horch! Nachdem die Gesellschaft sich etwas gestärkt, ertönt schon wieder der Lauterbacher; es juckt den Abenteurern in allen Gliedern; Ermüdung und Frost sind vergessen und mit Eifer drehen sich die munteren Paare nach dem lustigen Dreitakt des Picolo-Handharmonika-Orchesters.
Um 3 ½ Uhr fuhren sie ab nach der Heimat über Schännis, Hummelwald, Wattwyl etc. und kamen wohl erst gegen Morgen von ihrem 20stündigen kalten, abenteuerlichen Ritt um den Speer wieder dort an, um dem glücklich ausgeführten Bravourstück durch einen glänzenden Ball gleich noch die Krone aufzusetzen.
Den Weesenern und Amdenern ist’s aber heute, als wären sie eben von einem seltsamen Traume erwacht.
Und nun, Ihr Abenteurer vom Speer! erzählt den Alpenpostlesern die Erlebnisse Eurer Winterexpedition! Sie werden Euch Dank wissen!
(Quelle: Die Alpenpost 1872)
Toggenburg. Der abenteuerliche Alpenübergang der Obertoggenburger Alpenklübler trägt schon die gute Frucht, dass einer Alpenstrasse Weesen-Amden-Neu St. Johann mit Fortsetzung ins Appenzellerland warm das Wort geredet wird.
(Quelle: Die Alpenpost 1872)
… Auch an gelegentlichen Seitensprüngen fehlte es nicht. So veranstalteten einige Alpenklubisten aus den Gemeinden Nesslau-Krummenau im Winter 1872 bei hohem Schnee eine Schlittenfahrt über die Amdenerhöhe nach Amden. Die Amdener waren höchlich erstaunt, als am Morgen Pferdegeschell vom Strichboden her ihnen die Ankunft der Schlittenfahrer ankündigte.
(Quelle: Geschichte der Sektion Toggenburg S. A. C. 1870-1920, Denkschrift zur Feier des 50-jähringen Bestehens. Verfasst von J. Näf, Lichtensteig. 1920)