Unglücksfälle beim Wegbau, im Militär und durch Schafe

Am 22. Juli verunglückte am Südhange der Churfürsten Johann Linder von Wallenstadt-Berg. Der berggewohnte, zuverlässige Mann war von der Sektion Piz Sol mit der Ausführung einer Weganlage von der Alp Tschingla auf Balis-Niedere betraut worden. Das Unglück geschah an der Stelle, wo der ansteigende Zickzack des Weges westlich dem sogenannten Tännlibach den Fuss der Brisiwand erreicht und den Ursprung der Runs zu überschreiten beginnt. Über die Ursache des Absturzes wussten die zwei Mitarbeiter, deren einer der Sohn des Verunglückten, keine Auskunft geben: «Wir sahen es erst, als er stürzte». Johann Linder war als ausgezeichneter «Gänger» bekannt und holte viele Jahre in dem Gebiet, das der Weg durchfährt, sein Wildheu. Das Unglück an einer Stelle, die in Gangbarkeit für den Mann keine Gefahr bot, ist entweder auf Steinschlag oder ganz unglückliche Hantierung bei der Arbeit zurückzuführen. Hart von dem Unglück sind die Frau und die zwei Söhne getroffen. Für seine Heimat ist der Mann das Opfer einer Idee, die selbstlos nur deren Bestes anstrebt.
(Quelle: Alpina 1902)

Bei einer Besteigung des Hinterrucks (Churfirstenkette) stürzte Oberstlieutenant Schiessli eine steile Schneefläche hinunter und erhielt derartige Verletzungen, dass er ins Thal getragen werden musste. Doch befindet sich der Verunglückte auf dem Weg der Besserung. Über die nähern Umstände des Vorfalls berichtet die «N. Zürch. Ztg.» folgendes: Begünstigt durch das prachtvolle Pfingstwetter unternahm die zurzeit in Walenstadt in Dienst stehende Offiziersschiessschule am Pfingstmontag nachmittag eine Rekognoszierungstour nach der 1536 Meter ü. M. liegenden Alp Tschingla in den Churfirsten. Herr Oberstlieutenant Schiessli setzte in Begleitung zweier Offiziere die Tour fort, den Weg durchs Valzloch traversierend. Noch liegen in den Schrunden dichte Massen Lawinenschnee, noch stürzen fortwährend durch die Stürme des Winters gelöste Steine hernieder und gefährden den Wanderer auf Schritt und Tritt. Auf einer abschüssigen Schneehalde verlor Hr. Schiessli plötzlich den festen Halt unter den Füssen und begann zu rutschen. Über Schnee und Steine ging’s nun wohl 200 Meter abwärts, einer jäh abfallenden Felswand zu. Glücklicherweise verlor Hr. Schiessli seine Geistesgegenwart nicht, und diesem Umstand ist wohl die Verhütung eines noch grösseren Unglücks zu verdanken. Krampfhaft suchte sich der Verunglückte an dem eisigen Grunde anzuklammern, was ihm auch endlich gelang. Er war aber unfähig, sich aus der ungemütlichen Situation zu befreien; es musste Hülfe im Thale gesucht werden. Unterdessen brach die Nacht an! Bange Stunden vergingen nun, bis die ersten Hülfskolonnen von Walenstadt, mit ärztlicher Begleitung – es war schon Montag um die zweite Morgenstunde – eintrafen und dem Verunglückten Hülfe leisten konnten. Der Arzt konstatierte einen komplizierten Beinbruch. Unter ungeheuren Strapazen und mit Überwältigung grosser Schwierigkeiten konnte mit Tagesanbruch der Transport nach der Alp Büls und von dort nach Walenstadt angeordnet und vollzogen werden.
(Quelle: Alpina 1900)

In einen ähnlichen Fall mit Schafen, wie in der vorletzten Nummer der «Alpina» erzählt ist, bin ich vor vielen Jahren auf dem westlichen Leistkamm in der Churfirstengruppe geraten. Ich setzte mich auf der Amdener Seite des Gipfels in den warmen Sonnenschein, um Hunger und Durst mit dem Inhalte des Tornisters zu stillen, während eine kleine Schafherde friedlich neben mir weidete. Neugierig war ich, ob die Tiere auch Zucker frässen und lockte eines herbei. Nach kurzem Beschnuppern war ein Zuckerstück verschwunden, im selben Augenblick aber auch die ganze Herde an und auf mir und ich kopfüber ein Stück weiter unten. Sobald ich mich erheben wollte, kamen die Tiere wieder, und erst längeres, unfreiwilliges Liegen brachte sie dazu, sich entfernend zu grasen. Kriechend holte ich den Tornister und sammelte dessen zerstreuten Inhalt; was noch zu gebrauchen war, hatte ich bald beisammen und hinter einem Steine ein Versteck gefunden, wo sie mich nicht mehr sahen und ich ihre harten Köpfe und Hufe nicht mehr zu spüren bekam.
(Quelle: Alpina 1910)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert